Matsch – und Schlammschlacht


Sonntag  19.12.2010

Am nächsten Morgen war es stark bewölkt, denn in der Nacht hat es kräftig geregnet.  Heute soll es auf über 2000m hoch gehen. Die Straße war zwischendurch immer wieder geteert und verlief durch eine schöne bäuerliche Gegend mit vielen Haciendas.  Doch schon nach etwa 15 km ging es etwas heftiger zur Sache. Es wurde steiler und die Straße wurde weicher und schlüpfriger.  Dann kamen wir an das Ende eines Auto, Lkw und Bus Staues. Langsam überholten wir die stehende Schlange und uns wurde langsam immer klarer warum hier alle stehen. Die Straße wurde zunehmend matschiger und schlammiger. Als wir vorne ankamen sahen wir was auf uns zukam.  Die LKWs mußten einzeln die Steigung hochziehen, denn die Straße war nicht breiter als ein LKW und alles war mit einer dicken Lehm – und Matschschicht  10 – 20 cm hoch bedeckt. Dazu kam das riesige Löcher vorhanden waren und große Felsbrocken aus dem Schlamm schauten. Die LKWs rutschen mit durchdrehenden Reifen die Straße hin und her und versuchten hoch zu kommen. Gleichzeitig kamen von oben andere und so war ein totales Chaos mit sehr wenig Spielraum. Uns blieb nicht anderes übrig als zu versuchen an den stehenden  LKWs, Bussen und Autos irgendwie vorbei zu kommen. Der Untergrund war glatt wie Schmierseife, die Reifen rutschen von einem Loch ins andere, von einer Spurrille in die andere, oder von einem Stein ins nächste Loch. Immer wieder mußten wir warten bis ein Lkw ein Stück weiterkam und stehenblieb, damit wir uns dann irgendwie im Matsch daran vorbei arbeiten konnten. Hier ging es um Zentimeter. Bei besonders schwierigen Stellen schlingerte  immer nur ein Wagen durch, bis er darüber hinaus war, dann folgte der nächste. An diesen Stellen standen natürlich alle wartenden Fahrer und begutachteten die Angelegenheit, bevor sie dran waren. Als wir dran waren und durch diese knietiefen Spurrillen der Trucks uns kämpften und auch durchkamen, gab es bewundernde Blicke, hochgereckte Daumen und sogar leichten Beifall. Einmal bin ich aus einer dieser Spurrilen herausgekommen und saß ziemlich dick in dem lehmigen Schlammassel. Aber mit hin und her und Gas geben konnte ich mich mit Glück aus dieser schlammigen Situation befreien. Nicht auszudenken was das für eine Heidenarbeit es gewesen wäre, die Maschine wieder aufzurichten, wenn ich in dem knietiefen Schlamm umgekippt wäre. Die Stiefel und die Hose waren bis zum Knie dick mit Schlamm behaftet. Diese extrem Kräfte raubende  Fahrerei, eher Rutscherei, dauerte ca. 3 Stunden bis wir wieder einigermaßen eine etwas festere Straße unter den Rädern hatten. So benötigten wir für ca. 60km mind. 6 Stunden. Die nächsten zwei Stunden fuhren wir dann wie die verrückten auf einer einigermaßen guten Teerstraße bis nach Villa de Leyva, bei eisiger Kälte von zeitweise nur 16°, um noch vor der Dunkelheit dort anzukommen. Als wir gegen 6 Uhr dann endlich ankamen und auch sehr schnell ein annehmbares, preiswertes Hotelzimmer fanden, gab es nur noch eines, schnell heiß duschen, Essen und ab ins Bett.  Apropo Duschen: Dies war seit langer, langer Zeit wieder mal ein Hotel mit heißem  Duschwasser. In Mittelamerika und auch in Cartagena gab es kein heißes Wasser, warum auch, es war immer um die 30° draußen.

Was wir an diesem Tag in dem dschungelartigem Waldgebiet alles erlebt haben, darüber könnte ich mind. 3 DIN A4 Seiten schreiben, so interessant, aufregend, erfreulich  und intensiv waren die Erfahrungen mit den Menschen auf dieser kurzen Strecke.  Ein paar Erlebnisse versuche ich hier kurz zu schildern.     Es gab auf dieser Strecke nur ein einziges offizielles Dorf. Jedoch an der Straße gab es immer wieder ein paar Hütten und somit auch ab und an eine Art Restaurant wo die Einheimischen Essen und Einkaufen konnten.  Wir hielten einmal an so einer Hüttenansammlung und ich kaufte mir eine Flasche Coca Cola. Es saßen etliche Männer und Frauen an dem einzigen Tisch und aßen. Sofort kamen neugierige und schauten sich die Motorräder an und es wurden schnell mehr. Josua probierte eine von den Würsten die zum trocknen aufgehängt waren und so kam schnell eine andauernde Fragerei zustande, woher, wohin und vor allen Dingen was kosten die Motorräder. Ein junger Bursche erzählte stolz, daß seine Yamaha etwa 15 Burros (Esel) kostete. Da wollten wir natürlich nicht mithalten und brachten das Gespräch schnell wieder auf ein anderes Thema.  Die Männer und Frauen lebten in dieser extrem abgeschiedenen  Gegend, waren aber sehr freundlich und neugierig, von uns mehr zu erfahren.  Sie deuteten auch an, daß die folgende Wegstrecke sehr schwierig zu fahren sein werde. Die wir dann ja bekanntlich, mit viel Glück und Anstrengung schafften.       

Als wir in dem einzigen Dorf, Landazuri, ankamen war das Erstaunen wie immer riesengroß. Zwei ausgefallene Motorräder und zwei dreckverschmierte, komisch angezogene Ausländer. Zuerst trauten sich nur ein paar einzelne zu uns heran, das änderte sich dann aber blitzartig und wir standen wiederum in einer Traube von neugierigen Menschen die lachten und uns alles mögliche in spanisch zuriefen und fragten. Ein einziger junger Bursche konnte einigermaßen englisch und er war hocherfreut das er unsere Motorräder mit seiner Freundin und mir zusammen fotografieren durfte. Keine 5 Minuten später kam er erneut und stellte mir seine Mutter vor. Ich gab ihr einen Handkuss und das ganze Volk um uns herum lachte und alle hatten einen Riesenspaß mit den zwei Loco Ausländern.  Als wir endlich nach einer halben Stunde aus diesem Menschenauflauf langsam herausfuhren und uns mit einem lauten ADIOS AMIGOS verabschiedeten, mußten wir auch schon wieder halten, denn die Straße war mit LKWs verstopft. Da kam ein Mann angerannt und drückte mir eine volle Flasche Cerveza (Bier) in die Hand und deutete auf eine schöne Frau in der Menschenmenge, daß die Flasche von ihr sei. Ich bot ihr spontan an auf meinem Motorrad mit nach Argentina zu fahren und das Gelächter war wieder riesengroß.  Die Flasche Bier verdunstete in meinem Körper, genauso schnell wie ich sie ausgetrunken hatte.  Das waren sehr intensive, nette Erlebnisse mit unglaublich freundlichen und aufgeschlossenen Menschen.

Und deßhalb hier an der Stelle :  Kolumbien ein gefährliches Land ?  Ich habe mich bisher zu keiner Sekunde unsicher gefühlt. In Cartagena gibt es sehr viel Polizei, auf den Überlandstraßen ab und an Polizei – oder Militärkontrollen, die uns bisher kein einziges Mal angehalten haben. Vorsichtig und besonnen muß man sich überall verhalten.

Nochmal ein paar Worte zu dem Stau auf der Bergstrecke.  Es warteten bestimmt ca. 30 LKWs, Busse und Autos die nach oben wollten und ebenso viele die hinunter wollten. Das heißt die haben bestimmt 6 Stunden oder mehr gebraucht um diese paar schwierigen Stellen überwinden zu können. Das tolle war, es wurde alles in einer Ruhe abgewickelt, es gab kein Fluchen oder vordrängen und uns wurde sehr oft bereitwillig Platz gemacht.      

Villa de Leyva


Montag 20.12.2010

Villa de Leyva ist ein koloniales Kleinod. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Alle Häuser original erhalten in andalusischen Stil, mit schönen Balkonen und die Gassen haben grobes altes Kopfsteinpflaster, auf dem es schwierig ist mit dem Motorrad zu fahren. Aber Simon Bolivar, ein Nationalheld von Kolumbien, reitete schon 1819 mit seinem Pferd über diese geschichtsträchtigen Steine. Ich spazierte alleine über den Plaza Mayor und durch die schönen alten Gassen, dieses denkwürdigen Ortes.  Dann fuhr ich noch zu einem Fossilienfund der ca. 6km entfernt lag. Hier fand 1977 ein Bauer auf seinem Feld ein Skelett eines 120 Millionen Jahre alten Kronosaurus, eines Meeressauriers. Dieses sehr gut erhaltene Stück war 12 Meter lang und hatte einen Krokodilskopf. Unvorstellbar für uns, was in den Weltmeeren früher herum schwamm. 

Von nun an fahre ich wieder alleine, da Josua den Drang verspürte unbedingt Medellin zu besichtigen, worauf ich allerdings keine Lust hatte.

Ich wünsche ihm eine Gute Weiterreise, wir hatten eine lustige Zeit miteinander.


Danach machte ich mich auf um nach Zipaquira zu gelangen, das ca. 60km vor Bogota liegt. Leider waren die Temperaturen in der Höhe von fast 3000m nicht so angenehm. Nur ca, 15° und zwischendurch immer wieder Regen, das bin ich schon seit Monaten nicht mehr gewohnt. Der Grund warum ich nach Zipaquira fuhr, ist die einzigartige, unterirdische, avantgardistische Salzkathedrale.  Die größte ihrer Art, weltweit. In ihr ist alles aus dem Salzgestein herausgehauen, das riesige 16m hohe Kreuz und das Taufbecken. Eine imposante Halle, zu der ein Kreuzgang führt mit vielen Seitenaltaren und Gebetsecken. Nach dem Besuch fuhr ich über einen nur ca. 13° kalten Pass in Richtung Honda, hinab in wärmere Gefilde.

 

 

Trotz Verwandtschaft in Bogota umging ich diese Stadt, weil von der Verwandtschaft nur negatives über Bogota mir berichtet wurde und ich daraus keine freundliche Einladung herauslesen konnte.  

Trotzdem habe ich andere  sehr viele  freundliche Menschen in Kolumbien kennengelernt, die sich sehr gefreut haben, mich und Josua kennenzulernen.